Unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der damit verbundenen Energiekrise ist ein Rechtsgebiet in den Fokus von Öffentlichkeit und Politik gerückt, das lange Zeit kaum Praxisrelevanz hatte – das Energiesicherungsrecht.

Bereits im Kontext der Ölkrise der 1970er Jahre hatte der Gesetzgeber mit dem Energiesicherungsgesetz (EnSiG) einen Regelungsrahmen zur Sicherstellung der Energieversorgung im Falle von Energiekrisen geschaffen. Lange Zeit war es still um das EnSiG. Erst die jüngsten Entwicklungen auf dem Energiemarkt haben zu Änderungen und Ergänzungen in rascher Folge geführt: Allein zwischen Mai und Dezember 2022 wurde das Gesetz sechs Mal geändert.

Im Mai 2022 (BGBl. I S. 730) wurde zum Beispiel die sog. Treuhandverwaltung eingeführt (§ 17 EnSiG). Mit diesem Instrument kann der Bund im Interesse der Versorgungssicherheit für befristete Zeit die Führung eines Energieunternehmens übernehmen und auf eine ordnungsgemäße Betriebsführung hinwirken. Erste Anwendungsfälle waren die Anordnung der Treuhandverwaltung der Gazprom Germania GmbH (BAnz AT 17.06.2022 B15) und der Rosneft Deutschland GmbH (BAnz AT 16.09.2022 B1) durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Letztere hat das Bundesverwaltungsgericht jüngst bestätigt (Urteil vom 14.03.2023 – 8 A 2.22).

Daneben sieht das EnSiG unterschiedliche Verordnungsermächtigungen vor, auf deren Grundlage u. a. die Elektrizitätssicherungsverordnung (EltSV) und die Gassicherungsverordnung (GasSV) erlassen wurden. Zweck der Verordnungen ist es, die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs an Elektrizität und Gas im Krisenfall sicherzustellen. Hierzu sehen EltSV und GasSV recht weitreichende Eingriffsbefugnisse vor, die dem sog. Lastverteiler (auf Bundesebene: Bundesnetzagentur) die Steuerung von Erzeugung, Transport und Verbrauch von elektrischer Energie und Gas ermöglichen.

Literarisch nimmt sich den tagesaktuellen und interessanten Rechtsfragen des Energiebewirtschaftungsrechts der jüngst erschienene Beck’sche Online-Kommentar (BeckOK) Energiesicherungsrecht an, der von Prof. Dr. Jörg Gundel und Dr. Stephan Gerstner als Herausgeber verantwortet wird. Unser Kollege Dr. Raphael Pompl hat im „Gerstner/Gundel“ die Kommentierung der Elektrizitätssicherungsverordnung übernommen. Die Kommentierung ist über beck-online abrufbar.

 

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