Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsprechung zu den möglichen Festsetzungen eines Sondergebiets für großflächige Einzelhandelsbetriebe in einem aktuellen Urteil vom 17.10.2019 in einem für die Praxis bedeutsamen Urteil modifiziert.

Im Jahr 2008 verwarf das Bundesverwaltungsgericht gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkungen für großflächige Einzelhandelsbetriebe in für sie festgesetzten Sondergebieten. Begründet wurde dies mit einer für die Festsetzung fehlenden Rechtsgrundlage. Der BauNVO sei die Kontingentierung von Nutzungsoptionen wegen des daraus folgenden Windhundrennens um die festgesetzten Verkaufsflächen fremd. Etwas Anderes gelte nur dann, wenn die vorhabenbezogene Verkaufsflächenobergrenze mit der gebietsbezogenen Verkaufsflächenobergrenze identisch sei, weil im Plangebiet nur ein Einzelhandelsbetrieb zulässig sei (BVerwG, U.v. 03.04.2008 – 4 CN 3.07 -, juris Rn. 17 f.). Auf diese Rechtsprechung hat die Praxis damit reagiert, dass sie Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel vielfach in einzelne Teilgebiete unterteilt hat, in denen nach den Festsetzungen jeweils nur ein Einzelhandelsbetrieb mit einer bestimmten Größe der Verkaufsfläche zulässig ist.

Diesen Festsetzungen hat das Bundesverwaltungsgericht mit dem Urteil vom 17.10.2019 die Grundlage entzogen. Das Bundesverwaltungsgericht kommt dort zu dem Ergebnis, dass § 11 Abs. 1 BauNVO eine Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben in einem Sondergebiet nicht zulässt. Eine Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben sei weder als Festsetzung der Zweckbestimmung des Sondergebiets noch als Bestimmung der Art der Nutzung möglich. Die numerische Beschränkung zulässiger Anlagen trage nichts zur Kennzeichnung der Art der zulässigen Nutzung bei. Sie qualifiziere keinen Anlagentyp, sondern quantifiziere nur Nutzungsoptionen. Auch als Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung sei dies nicht zu rechtfertigen, da § 16 BauNVO die Zahl zulässiger Vorhaben nicht als Parameter für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung vorsehe.

Die zahlenmäßige Beschränkung von Einzelhandelsbetrieben in einem Sondergebiet ist danach unzulässig. Entsprechende Festsetzungen sind unwirksam. Einen Ausweg für die Praxis bietet das Bundesverwaltungsgericht über das Institut der Teilnichtigkeit eines Bebauungsplanes. Es hält es für möglich, dass eine Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplanes am subjektiven Element dieses Instituts scheitert. Die Unwirksamkeit der Beschränkung der Zahl der zulässigen Einzelhandelsbetriebe führe dazu, dass eine unzulässige gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung verbleibe. Sie könne unter bestimmten Umständen jedoch planerhaltend als zulässige grundstücksbezogene Verkaufsflächenbeschränkung ausgelegt werden.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat Konsequenzen für eine Vielzahl von Bebauungsplänen, die Sondergebiete jeweils für einen zulässigen Einzelhandelsbetrieb festgesetzt haben. Erhebliche Unsicherheiten bestehen, ob die damit im Regelfall verbundene Verkaufsflächenbeschränkung nach den Grundsätzen über die Teilnichtigkeit eines Bebauungsplanes Bestand haben wird.

BVerwG, U.v. 17.10.2019 – 4 CN 8/18

Dr. Rainard Menke
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