Erschwinglicher Wohnraum ist besonders in Städten und Ballungsgebieten rar. Die Bundesregierung will die Kommunen bei der Aktivierung von Bauland und der Sicherung bezahlbaren Wohnens unterstützen. Hierzu hat sie am 30.11.2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz) vorgelegt (Bundestags-Drucksache 19/24838). Der Entwurf sieht eine Reihe von Änderungen des Baugesetzbuchs (BauGB) und der Baunutzungsverordnung (BauNVO) vor. Folgende Regelungsvorschläge sind besonders hervorzuheben:

  • Beabsichtigt ist die Einführung eines neuen Bebauungsplantyps für den Wohnungsbau (§ 9 Abs. 2d BauGB-E). Durch diesen „Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung“ sollen Gemeinden für Gebiete im Innenbereich (§ 34 BauGB) u.a. Flächen für den sozialen Wohnungsbau festsetzen können.
  • Die Befreiungsmöglichkeiten in § 31 BauGB sollen zur erleichterten Schaffung von Wohnraum erweitert werden. U.a. soll in einem durch Satzung der Gemeinde festgelegten „Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt“ zugunsten des Wohnungsbaus von Festsetzungen des Bebauungsplans auch dann befreit werden können, wenn dadurch die Grundzüge der Planung berührt sind.
  • Die Ende 2019 ausgelaufene Möglichkeit, Bebauungspläne im beschleunigten Verfahren aufzustellen, durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Außenbereichsflächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen (§ 13b BauGB), soll um weitere drei Jahre bis Ende 2022 verlängert werden.
  • In § 5a BauNVO-E soll die neue Gebietskategorie „Dörfliche Wohngebiete“ eingefügt werden. Dörfliche Wohngebiete sollen dem Wohnen sowie der Unterbringung von land- und forstwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen und nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben dienen, wobei die Nutzungsmischung nicht gleichgewichtig sein muss. Das „Dörfliche Wohngebiet“ ähnelt einem Dorfgebiet nach § 5 BauNVO, erlaubt die dort regelhaft zulässigen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, Gartenbaubetriebe und Tankstellen aber nur ausnahmsweise.
  • Die in § 17 BauNVO enthaltenen Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung, die bislang nur unter den – allerdings nicht sonderlich strengen – Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauNVO „aus städtebaulichen Gründen“ überschritten werden dürfen, sollen zu „Orientierungswerten“ abgeschwächt werden.
  • Das Vorkaufsrecht der Gemeinden soll gestärkt werden. So soll u.a. klargestellt werden, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts dem Wohl der Allgemeinheit dienen kann, wenn es der Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dient (§ 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BauGB-E). Der Anwendungsbereich des Vorkaufsrechts wird erweitert. Beabsichtigt ist u.a. die Einführung eines besonderen Vorkaufsrechts an unbebauten oder brachliegenden Grundstücken, die vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können und in einem durch Satzung der Gemeinde bestimmten „Gebiet mit einem angespanntem Wohnungsmarkt“ liegen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB-E). Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts soll von zwei auf drei Monate verlängert werden (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB-E).
  • Das in § 176 BauGB geregelte Baugebot soll u.a. dahin erweitert werden, dass die Gemeinde den Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen verpflichten kann, sein Grundstück mit Wohneinheiten zu bebauen.
  • Nach einem neu einzufügenden § 250 BauGB-E soll die Bildung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in „Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten“, die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung zu bestimmen sind, einem Genehmigungsvorbehalt unterworfen werden.

Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf eine Reihe von Regelungen, die sonstige aktuelle städtebauliche Anliegen betreffen. So soll etwa die für die Bauleitplanung geltende Regelung zum Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft (§ 1a Abs. 3 BauGB) durch die Möglichkeit zur Ersatzgeldzahlung erweitert werden. Das Interesse am Ausbau des Mobilfunks soll künftig bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen sein (§ 1 Abs. 6 Nr. 8d BauGB-E); zudem sollen nach § 14 Abs. 1a BauNVO-E Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, künftig in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 13 BauNVO allgemein zulässig sein.

Der Bundesrat hat den Gesetzentwurf in seiner Stellungnahme vom 18.12.2020 (Bundesrats-Drucksacke 686/20) begrüßt und sich für den zügigen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens stark gemacht. Der Bundestag hat den Gesetzentwurf am 28.01.2021 in erster Lesung beraten und an die Ausschüsse verwiesen.

Dr. Moritz Lange
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