Abfall durfte nur bis Ende Mai 2005 unvorbehandelt in Hausmülldeponien abgelagert werden. Bei vielen Deponien wurde zu diesem Zeitpunkt die Ablagerung von Abfällen beendet. Diese Deponien befinden sich seitdem in der Stilllegungsphase oder der Nachsorgephase. In diesen „Lebensphasen“ einer Deponie entstehen für das Aufbringen von Oberflächenabdichtungen und die Rekultivierung der Deponien zum Teil erhebliche Kosten, ohne dass noch Gebühren für die Benutzung der Deponien erhoben werden könnten. Soweit die Deponien Teil der öffentlichen Einrichtung Abfallentsorgung sind, verpflichtet das Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg die Träger dieser öffentlichen Einrichtung, schon während des Betriebs der Deponie Rückstellungen für die vorhersehbaren späteren Kosten der Stilllegung und der Nachsorge zu bilden.

Die Stilllegung und Nachsorge der Deponien erstrecken sich über Jahrzehnte. Die während der Ablagerungsphase der Deponie gebildeten Rückstellungen sind aufgrund der langen Dauer häufig wegen gestiegener technischer Anforderungen, höherer Standards der Stilllegungsmaßnahmen und wegen deutlich gestiegener Kosten häufig nicht mehr ausreichend. Das Baden-Württembergische Kommunalabgabengesetz lässt es deshalb zu, dass Kosten der Stilllegung und Nachsorge, soweit sie während des Deponiebetriebs nicht vorhersehbar waren, auch noch nach Beendigung der Ablagerung von Abfällen in der Deponie in die Gebührenkalkulation eingestellt werden dürfen. Der VGH Baden-Württemberg hat jetzt mit Urteil vom 27.04.2023 im Verfahren 2 S 1/22 bestätigt, dass dies auch nach Beendigung der Ablagerungsphase einer Deponie noch in Form von Rückstellungen möglich ist, um Gebührensprünge in den Jahren zu vermeiden, in denen kostenträchtige Stilllegungs- und Nachsorgemaßnahmen anstehen. Eine zeitliche Grenze, innerhalb derer die während des Deponiebetriebs verursachten Kosten der Stilllegung und Nachsorge noch nach Abschluss der Ablagerungsphase nachgeholt werden dürfen, regelt dabei das Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg nicht.

Der VGH Baden-Württemberg hat auch entschieden, dass die Kosten nach den aktuellen Benutzungsverhältnissen auf die Benutzergruppen bzw. Teilleistungsbereiche zu verteilen sind.

Zur Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg geht es hier:

https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/14711218/?LISTPAGE=11047691

Im Normenkontrollverfahren wurde der Landkreis Ludwigsburg von Frau
Dr. Andrea Vetter vertreten. Das Urteil hat über den Landkreis Ludwigsburg hinaus Bedeutung, da die Maßnahmen der Stilllegung und Nachsorge bei zahlreichen Deponien im Land Baden-Württemberg noch nicht abgeschlossen sind.

Dr. Andrea Vetter
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