Nach § 17 Abs. 1 und 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) sind Abfälle aus privaten Haushaltungen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zur Entsorgung zu überlassen, es sei denn, sie werden durch zulässige gemeinnützige oder gewerbliche Sammlungen der Verwertung zugeführt. Die Ausnahme von der Überlassungspflicht gilt nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG nicht für „gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen“ und gefährliche Abfälle. Sie unterfallen zwingend und ohne Ausnahme der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG.

Bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 23.02.2018 (BVerwG 7 C 9.16) war umstritten, ob Sperrmüll mit der AVV Abfallschlüsselnummer 20 03 07, der als „Mischabfall“ erfasst wird, begrifflich dem „gemischten Abfall“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG unterfällt. Das BVerwG hat nun entschieden, dass nur „gemischte Siedlungsabfälle“ der AVV Abfallschlüsselnummer 20 03 01 von der in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG geregelten Rückausnahme erfasst werden und zwingend dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Entsorgung zu überlassen sind. Sperrabfall kann danach Gegenstand gemeinnütziger und gewerblicher Sammlungen sein.

Zwar gebe der Wortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG keinen hinreichenden Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers. Deutliche Hinweise ließen sich jedoch den Gesetzesmaterialien auf eine enge Auslegung des Begriffs der „gemischten Abfälle“ in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG im Sinne von „gemischten Siedlungsabfällen“ nach AVV Abfallschlüsselnummer 20 03 01 entnehmen. Die Rückausnahme vom Ausschluss der Überlassungspflichten werde vom Gesetzgeber nämlich damit begründet, dass Art. 16 Abs. 1 der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) nicht nur für Abfälle zur Beseitigung, sondern auch für „gemischte Siedlungsabfälle“ zur Verwertung (AVV Abfallschlüsselnummer 20 03 01), die von privaten Haushaltungen eingesammelt werden, das Prinzip der Entsorgungsautarkie und Nähe statuiere. Die Entsorgung dieser Abfälle zähle zum Kernbereich der kommunalen Entsorgungspflichten im Rahmen der Daseinsvorsorge und stehe gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen nicht offen.

Auch aus gesetzessystematischen Gründen sei das Unionsrecht maßgeblich für die Auslegung, dass Sperrmüll nicht als „gemischter Abfall“ zwingend der Überlassungspflicht unterliegt. Das in den §§ 17 und 20 KrWG festgelegte System aus Überlassungspflicht und korrespondierender Entsorgungszuständigkeit diene der Umsetzung von Art. 16 AbfRRL, der seinerseits im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 5 der Europäischen Abfallverbringungsverordnung (EG-AbfVerbrVO) gesehen werden muss. Beide europäische Regelungen würden den gleichen Begriff der „gemischten Siedlungsabfälle“ verwenden, der nach dem Klammerzusatz in Art. 3 Abs. 5 EG-AbfVerbrVO nur den AVV Abfallschlüssel 20 03 01 umfasse.

Schließlich lasse auch die durch die Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KrWG tangierte europäische Warenverkehrsfreiheit (Art. 35 AEUV) Überlassungspflichten für Abfälle zur Verwertung nur unter engen Voraussetzungen zu.

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts steht damit fest, dass private Entsorgungsunternehmen gewerbliche Sammlungen von Sperrmüll jedenfalls dann anbieten können, wenn der Sperrmüll einer ordnungsgemäße und schadlosen Verwertung zugeführt wird und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht mit Erfolg geltend machen kann, dass der Sammlung des Sperrmülls durch das private Entsorgungsunternehmen überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Die teils heftig umstrittene Frage, wann einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, wurde von den Verwaltungsgerichten bislang schwerpunktmäßig zu gewerblichen Altpapier und Alttextiliensammlungen erörtert. Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Februar 2018 erhalten diese Auseinandersetzungen neue Nahrung, wenn die privaten Entsorgungsunternehmen die (private) Sperrmüllentsorgung als wirtschaftlich reizvolle Betätigung entdecken.

Dr. Andrea Vetter

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