Seit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Jahr 2012 sind gewerbliche Sammlungen von Altkleidern, Altpapier oder Altmetallen ein Dauerthema verwaltungsgerichtlicher Auseinandersetzungen. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle wehren sich gewerbliche Sammler dagegen, dass die Unteren Abfallrechtsbehörden ihre Sammlungen nach § 18 Abs. 5 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) mit der Begründung untersagen, die für die Sammlung verantwortlichen Personen seien unzuverlässig, sie hätten die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle nicht hinreichend nachgewiesen oder der Sammlung stünden mit Blick auf die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger „überwiegende öffentliche Interessen“ entgegen. Im Urteil vom 27.09.2018 (7 C 23/16) hatte sich das Bundesverwaltungsgericht nun mit der „umgekehrten Situation“ zu befassen. Nach Auffassung eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers war die Untersagung einer gewerblichen Altkleidersammlung zu Unrecht unterblieben. Da der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger selbst eine Getrenntsammlung von Alttextilien und Altschuhen durchführte, beeinträchtigte die gewerbliche Altkleidersammlung nach seiner Einschätzung seine Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich mit der Folge, dass der gewerblichen Sammlung im Sinn des § 17 Abs. 3 KrWG „überwiegende öffentliche Interessen“ entgegenstehen und sie – so die Auffassung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers – zu untersagen war. Zu klären war durch das Bundesverwaltungsgericht, ob dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein Anspruch auf Erlass einer Untersagungsanordnung nach § 18 Abs. 5 KrWG zustehen kann.

Das Bundesverwaltungsgericht verneinte dies und wies – wie schon das OVG des Landes Sachsen-Anhalt in der Vorinstanz – die Klage des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ab. Zwar werde mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Kreislaufwirtschaftsgesetz ein dessen Rechtskreis betreffendes Schutzgut benannt. Daraus ergebe sich jedoch keine subjektive Rechtsposition des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die ihm einen gerichtlich einklagbaren Anspruch auf Untersagung einer gewerblichen Sammlung verleiht. Das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionierenden öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung und das Interesse des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers an der Gewährleistung der Voraussetzungen einer effektiven Aufgabenerfüllung seien aufgrund der gegebenen Orientierung am aufgabenbezogenen Gemeinwohl gleichgerichtet. Die Subjektivierung einer Rechtsposition des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei deshalb mit der Erwähnung des Schutzguts der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht verbunden.

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zieht § 17 Abs. 3 KrWG, der konkretisiert, wann einer gewerblichen Abfallsammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, die Trennlinie zwischen den Zugriffsmöglichkeiten des gewerblichen Sammlers und der verbleibenden „(Auffang-)Zuständigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“. Nach Maßgabe dieser Trennlinie sei dem gewerblichen Sammler eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition zugewiesen. Über die Reichweite dieser Rechtsposition entscheide die Abfallbehörde und nicht der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Die reale Ausnutzung dieser materiellen Rechtsposition könne beeinträchtigt werden, wenn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger hiergegen ein Klagerecht eingeräumt und der gewerbliche Sammler einem gegebenenfalls mit zeitlichen Verzögerungen und sonstigen Unwägbarkeiten verbundenen Prozessrisiko ausgesetzt werde. Das Bundesverwaltungsgericht sieht danach in einem einklagbaren Anspruch des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auf Untersagung einer gewerblichen Sammlung einen Eingriff in die Grundrechte des gewerblichen Sammlers. Wegen des Vorbehalts des Gesetzes erfordere ein solcher Grundrechtseingriff „durch die Geltendmachung des Gegenrechts“ eine hinreichend deutliche normative Entscheidung des Gesetzgebers für ein solches subjektives Recht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Eine solche Entscheidung kann das Bundesverwaltungsgericht dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht entnehmen.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist ein weiterer Schritt in der seit längerem zu beobachtenden Entwicklung, die Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auch bei der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf eine – so das Bundesverwaltungsgericht – „(Auffang-)Zuständigkeit“ zu reduzieren. Welche Auswirkungen dies auf die Kosten der Abfallentsorgung und die letztlich von den privaten Haushaltungen zu tragenden Abfallgebühren haben wird, bleibt abzuwarten.

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Dr. Andrea Vetter
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