Das Verwaltungsgericht Köln hat am 06.12.2024 in zwei Klageverfahren (Az. 16 K 1945/23 und 16 K 4173/23) entschieden, dass das Abrechnungsverfahren des Bundesverwaltungsamtes für das Förderprogramm Coronahilfen Profisport rechtswidrig ist.
1. Programm „Coronahilfen Profisport“
Die Coronahilfen Profisport sind ein spezielles Hilfsprogramm des Bundes. Es wurde in Anbetracht der existenzbedrohenden Notlage des deutschen Profisports in der Corona-Pandemie vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages initiiert und war ursprünglich bis zum 31.12.2020 befristet. In der Folge wurde das Programm mehrfach verlängert und erweitert; es lief bis zum Frühjahr 2022. Die Abwicklung des Programms wurde im Bundesinnenministerium angesiedelt.
Die Coronahilfen Profisport sollen eine Brücke zwischen dem wirtschaftspolitischen Corona-Hilfsprogramm und den Strukturen und Spezifika des Sports schlagen, um den Betroffenen zielgerichtet, effektiv und schnell zu helfen. Hintergrund ist, dass durch die Zuschauerverbote und
-beschränkungen bei Profispielen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie („Geisterspiele“) die Haupteinnahmequelle der Akteure im Profisport – die Ticketeinnahmen – bedroht und eine Insolvenzwelle im Sport zu befürchten war (im gerafften Überblick: BT-Drucks. 20/5900, S. 32).
Die Coronahilfen Profisport dienen der Abmilderung der Ticketeinnahmeausfälle und Verluste der Vereine, Unternehmen und Verbände aufgrund des Ausbruchs von COVID-19, um die hierdrurch drohende Insolenzwelle im Profisportbereich abzuwenden und die Arbeitsplätze zu erhalten. Die Einzelheiten des Hilfprogramms sind in der Richtlinie „Coronahilfen Profisport“ des Bundesinnenministeriums geregelt. Die zuständige Bewilligungsbehörde ist das Bundesverwaltungsamt.
2. Schlussabrechnung der Coronahilfen Profisport
Die Bundesregierung konstatiert in ihrem 15. Sportbericht (in: BT-Drucks. 20/5900, S. 33), dass mit dem Programm Coronahilfen Profisport die befürchtete Insolvenzwelle im Profisport verhindert werden konnte. Das lässt allerdings außer Acht, dass das Bundesverwaltungsamt im Rahmen der Schlussabrechnung der Coronahilfen Profisport viele bestandskräftige Bewilligungsbescheide widerrief und die betroffenen Profiklubs teilweise zu existenzbedrohend hohen Rückzahlungen verpflichtete. Das Bundesverwaltungsamt begründet dies vor allem damit, dass die Zuwendungsempfänger nach den behördlichen Berechnungen einen „Gewinn“ im Förderjahr erwirtschaftet hätten, was nach der Richtlinie „Coronahilfen Profisport“ nicht zulässig sei.
3. Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln
Das Verwaltungsgericht Köln erklärte die Gewinnberechnungsmethodik des Bundesverwaltungsamtes am 06.12.2024 für rechtswidrig und hob die darauf beruhenden Aufhebungs- und Rückforderungs-
bescheide der Behörde in zwei Fällen auf.
Nach Auffassung des Gerichts ist die Frage, ob und in welcher Höhe der Zuwendungsempfänger Gewinn oder Verlust erwirtschaftet hat, im Ausgangspunkt auf Grundlage der nach handelsrechtlichen Gewinnermittlungsgrundsätzen erstellten Jahresabschlüsse zu bemessen. Das gelte allerdings nicht, soweit nach handelsrechtlichen Grundsätzen Leistungen aus anderen Beihilfeprogrammen des Bundes und der Länder im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 (z.B. Novemberhilfe, Dezemberhilfe, Überbrückungshilfen) in die Gewinn- und Verlustrechnung einzustellen wären. Andere Corona-Beihilfen können danach bei der Gewinn-/Verlustprüfung im Schlussabrechnungsverfahren nicht berücksichtigt werden, da andernfalls die spezielle Anrechnungsregelung der Richtlinie „Coronahilfen Profisport“ umgangen wird.
Das Verwaltungsgericht Köln bezieht sich dabei auf die Anrechnungsregelung in Ziffer 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie „Coronahilfen Profisport“ in der Fassung vom 28.09.2020. Nach dieser Regelung werden Leistungen aus anderen Beihilfeprogrammen des Bundes und der Länder im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 auf die Coronahilfen Profisport 2020 angerechnet, soweit (1) die Förder-
gegenstände (Ausgleich der Ticketeinnahmeverluste) übereinstimmen und (2) die Förderzeiträume sich überschneiden. Die rechtlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts dürften sich allerdings auf die Nachfolgerichtlinien aus den Jahren 2021 und 2022 übertragen lassen, da diese entsprechende Anrechnungsregelungen enthalten (Ziffer 6 der Richtlinie „Coronahilfen Profisport 2021“ und Ziffer 7 der Richtlinie „Coronahilfen Profisport 2022“).
Eine abweichende, ständige Verwaltungspraxis des Bundesverwaltungsamtes steht dem nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln nicht entgegen. Denn bei der Auslegung des Zuwendungs-bescheides könnten nur die ohne Weiteres erkennbaren Begleitumstände berücksichtigt werden, insbesondere die einer Bewilligung vorausgehenden Anträge und die zugrundeliegenden Rechts-
vorschriften und Förderrichtlinien. Einer ständigen Verwaltungspraxis könne nur Bedeutung zukommen, soweit sie dem Zuwendungsbescheid zu entnehmen ist oder aus den Begleitumständen der Bewilligung ersichtlich werde. Dies war in den entschiedenen Fällen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht Köln hat die Berufung gegen die Urteile vom 06.12.2024 nicht zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesverwaltungsamt Rechtsmittel – Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberwaltungsgericht für das Land Nordhrein-Westfalen – einlegen oder stattdessen ein neues Schlussabrechnungsverfahren aufsetzen wird.
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