Auch 2024 dreht sich das Rad der Rechtsentwicklungen im Umweltrecht schnell weiter. Der europäische Green Deal und die anhaltenden Bestrebungen, Genehmigungsverfahren zu verkürzen, sind nur zwei Gründe dafür. Das war Anlass für uns, das Umweltrecht in den Fokus unseres Mandanten-Workshops am 08.10.2024 im GENO-Haus in Stuttgart zu stellen. Unsere Mandanten waren zu drei Vorträgen und einem anschließenden Get-Together eingeladen.
Nach der Begrüßung durch Dr. Maria Marquard leitete Moderator Dr. Lukas Knappe zum ersten Vortrag von Dr. Raphael Pompl über. Sein Vortrag befasste sich mit dem Thema „Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und heranrückender Wohnbebauung – Geplante Neuregelung in der TA Lärm“. Die heranrückende Wohnbebauung ist ein Dauerbrenner des Bau- und des Immissionsschutzrechts. Mit der geplanten Novellierung von Nr. 7.5 TA-Lärm möchte die Bundesregierung den Wohnungsbau erleichtern, indem die Immissionsrichtwerte nachts in bestimmten Baugebieten angehoben werden. Voraussetzung dafür ist die Festsetzung bestimmter schalldämmender Fensterkonstruktionen im Bebauungsplan. Dies soll aber nur für neue Bebauungspläne und nur befristet bis zum 31.12.2032 gelten. Der Regelungsentwurf weist viele Unklarheiten auf, auf die Dr. Raphael Pompl pointiert hinwies.
Anschließend berichtete Dr. Bernd Schieferdecker über die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur. Die Verordnung ist seit dem 18.08.2024 in Kraft. Sie bringt für die Mitgliedstaaten weitreichende Pflichten mit sich. Ökosysteme müssen nicht nur gegen weitere Beeinträchtigungen geschützt, sondern aktiv in einen guten Zustand gebracht werden. Dafür müssen die Mitgliedstaaten auf Grundlage der jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse nationale Wiederherstellungspläne erarbeiten. Unmittelbare Verpflichtungen für Private enthält die Verordnung nicht. Das heißt aber nicht, dass sie in Zulassungsverfahren ohne Bedeutung wäre: Die mitgliedstaatlichen Zulassungsbehörden müssen die Verordnung anwenden. Ob das ohne weiteres möglich ist oder ein Umsetzungsgesetz erforderlich ist, muss im Einzelfall bestimmt werden. Daher sorgt die Verordnung für erhebliches Konfliktpotenzial und trägt nicht zum Bürokratieabbau bei, so die abschließende Einschätzung von Dr. Bernd Schieferdecker.
Nach einer kurzen Pause informierte Dr. Moritz Lange über die – nach Aussage der Bundesregierung – „größte Änderung des BImSchG seit 30 Jahren“ durch die am 09.07.2024 in Kraft getretene BImSchG-Novelle. Sie enthält zunächst Verfahrenserleichterungen und materiell-rechtliche Neuerungen für alle Anlagen. Das Genehmigungsverfahren wird weiter digitalisiert, Genehmigungsfristen werden verkürzt. Die Nachforderung von Unterlagen durch die Genehmigungsbehörde wird an strengere Voraussetzungen geknüpft. Erörterungstermine werden weitgehend fakultativ gestellt. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns und die Erteilung eines Vorbescheids sind einfacher möglich. Darüber hinaus sieht die BImSchG-Novelle spezifische Erleichterungen für Windenergieanlagen vor. Das Repowering von Windenergieanlagen wird materiell-rechtlich vereinfacht. Rechtsbehelfe gegen Windenergieanlagen werden an strengere Begründungsfristen geknüpft.
Über die Vorträge und alle Themen, die sie außerdem bewegten, tauschten sich die Gäste beim abschließenden Get-Together mit Fingerfood in entspannter Atmosphäre untereinander und mit unseren Anwälten aus. Bei allen Änderungen im Umweltrecht verlieren wir das Baurecht nicht aus dem Blick. Dr. Maria Marquard wies bereits einleitend auf das geplante Gesetz zur integrierten Stadtplanung hin. Dieses wird umfassende Änderungen von BauGB und BauNVO mit sich bringen. Daher wird es voraussichtlich Gegenstand unseres nächsten Mandanten-Workshops sein. Über den Termin werden wir Sie rechtzeitig informieren.
Dr. Jonathan Dollinger
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